Schadstellen am Damm und politischer Besuch
Ausserordentlich viel Regen und eine Abflussspitze von über 3000 Kubikmeter pro Sekunde: Das war die Prognose für das «Übungshochwasser» am Alpenrhein. Die Einsatzkräfte aus der Schweiz, dem Fürstentum Liechtenstein und aus Österreich schlossen sich am 21. und 22. November zusammen und trainierten den Ernstfall.
Alle 4 bis 6 Jahre findet eine umfassende, trinationale Stabsübung der Internationalen Wasserwehr am Alpenrhein (IWWA) statt. Die IWWA besteht aus den Rheinbauleitungen des Fürstentums Liechtenstein, Österreichs und der Schweiz. Zudem ist auch der Kanton Graubünden und die Internationale Rheinregulierung involviert. So waren am 21. und 22. November rund 80 Personen aus drei Ländern am internen Stabstraining „RHEIN 23“ im Trainings-Einsatz. Mit tatkräftiger Unterstützung des Zivilschutzes der Regionen Werdenberg und Sarganserland wurde die gemeinsame Einsatzzentrale von Schweiz und Österreich auf dem Gelände des Vorarlberger Landesfeuerwehrverbands aufgebaut. Die Einsatzkräfte aus Liechtenstein trainierten in Vaduz und wurden für Absprachen per Videokonferenz dazugeschaltet. Gerade im Grenzgebiet ist das gute Zusammenspiel der Länder essenziell für die erfolgreiche Bewältigung einer Hochwassersituation.
Viele verschiedene Aufgaben
Wenn am Rhein ein Hochwasser angesagt ist, greifen viele Zahnräder ineinander und legen die Grundlage für die Ereignisbewältigung. Die Wetterlage wird laufend im Auge behalten, ebenso die Abflussmengen der Zuflüsse in den Rhein. Die Belastung der Dämme muss analysiert und allenfalls mit Dammkontrollen geprüft werden. Wird eine Schadstelle am Damm entdeckt, bestimmen Geotechniker die richtige Massnahme. Dann wird ein Bautrupp losgeschickt, um den Schaden zu beheben. Dafür muss aber das Baumaterial bereits vorbereitet und verfügbar sein. Natürlich will auch die Politik und die Öffentlichkeit laufend informiert werden.
Realistisches Übungsszenario
Um die Übung realitätsnah und herausfordernd zu gestalten, war von den Übungsleitern viel Kreativität gefordert. Dabei ging es einerseits um die eigentliche Bewältigung der organisatorischen Hochwasserschutz-Aufgaben. Andererseits aber auch darum aufzuzeigen, wo die Schnittstellen zu den jeweiligen Führungsstäben der Gemeinden, Regionen respektive zur Kantons- oder Landesebene liegt. Das Szenario basierte auf einem südzentrierten Niederschlagsereignis, welches in Abflüssen bis 3’000 m3/s resultierten. Die „Regen auf Neuschnee-Situation“ forderte die Lageequipen in den Einsatzleitungen bezüglich der Einschätzung der Abflussentwicklung. Die Dammkontroll-Organe der drei Einsatzleitungen meldeten im Laufe des Ereignisses verschiedene Schwachstellen in den Abschnitten, welche auch bei einem realen Ereignis auftreten: Durchsickerungen, Verklausungen an Brücken, Wegbrechen von Dammteilen auf der Wasserseite. Die Geotechniker und Baustabs-Equipen mussten Personal-, Material- und Maschinenverfügbarkeiten bewältigen und Interventionsachsen planen. Auch medial, respektive im Informationsdienst waren die Stäbe gefordert. So entpuppte sich der vermisste Rheinholzer als Falschmeldung. Die Rheinbrücken nach Diepoldsau mussten gesperrt werden, was den Gemeindepräsidenten im Übungsszenario aus der Fassung brachte. Auch hoher politischer Besuch kündigte sich während der Übung an. So wollte ein fiktiver Bundesrat mit einem Superpuma landen und ein gespielter Landeshauptmann besichtigte die Einsatzzentrale. Für anfängliche Verwirrung sorgte jedoch der angekündigte Besuch der St. Galler Regierungsrätin Susanne Hartmann. Dieser war nämlich echt und nicht im Trainingsszenario inszeniert.
Nach zwei Tagen intensiver Arbeit blicken die Verantwortlichen sehr zufrieden auf die Ergebnisse der Übung zurück. Viele Aufgaben konnten sehr gut gemeistert werden und einzelne Abläufe, welche noch nicht ganz rund laufen, konnten identifiziert werden. Mit diesen Erkenntnissen kann man sich weiter auf das nächste Hochwasser, sei es in der Realität oder in der Übung, vorbereiten.